Krisenkommunikation gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben der Public Relations. Der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens ist eng gekoppelt mit dessen öffentlicher Reputation. Vergingen früher Tage bis eine Botschaft die Interessengruppen einer Organisation erreichte, so vergehen in der heutigen Zeit durch den technologischen und medialen Fortschritt nur noch wenige Minuten. Ein erfolgreiches Krisenmanagement ist daher damals wie heute eine für jedes Unternehmen notwendige Schutzmaßnahme, das mögliche Schäden reduziert.
Eine Krise wird als eine erhebliche Bedrohung für die Geschäftstätigkeit einer Organisation definiert, die bei falscher Handhabung zu negativen Folgen führen kann. Im Krisenmanagement definiert sich die Bedrohung über die möglichen Schäden, die auf die Organisation selbst, ihre Interessengruppen oder ihre Branche zukommen. Diese können sowohl Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit haben als auch zu finanziellen Einbußen und/oder Verlusten der Reputation führen. Neben den durch Fehler im Unternehmen selbst herbeigeführte Krisen, geraten Unternehmen oftmals auch unverschuldet in den Mittelpunkt einer Diskussion oder halten branchenübergreifend als Sündenbock her.
Obwohl die Dauer einer Krise oftmals mit zwei bis vier Tagen angegeben wird, ist diese Annahme nicht aussagekräftig. Zum einen gibt es Arten von Krisen, die wiederkehrend sind und in ihrem Ausmaß viel länger anhalten. Der mit Abstand größte Skandal in der Geschichte der Automobilindustrie ereignete sich im September 2015, als der Automobilhersteller Volkswagen zugab, dass er in seinen Dieselfahrzeugen der Marken Volkswagen und Audi illegale Software eingesetzt hatte, um Abgastests zu betrügen. „Dieselgate“ ist ein Beispiel für eine wiederkehrende und anhaltende Krise, die noch lange nicht ausgestanden ist. Auf der anderen Seite hat British Airways schnell einen erfolgreichen Krisenkommunikationsplan umgesetzt, die Verantwortung übernommen, sich entschuldigt und alle betroffenen Kunden informiert, als Kundendaten und Kreditkartendaten von Tausenden von Kunden verloren gingen. Hier greift die Angabe einer spezifischen Dauer aber auch nur bei ausschließlicher Betrachtung des Ausbruchszeitraums. Die nachhaltige Bewältigung wird das Unternehmen auch noch in der Zukunft beschäftigen.
Unabhängig der Ausprägung einer Krise kann jedes Unternehmen in eine solche Situation geraten. Dabei ist es wichtig sich klar darüber zu sein, dass es keine Möglichkeit gibt, die Kontrolle über die Situation zu erlangen. Medien sind verpflichtet Missstände und falsche Entwicklungen aufzudecken und über diese zu berichten. Durch die aktive Position des Mediums gerät das Unternehmen in die passive Rolle, aus der es sich zu befreien gilt. Dabei ist zunächst völlig nebensächlich, ob das Unternehmen selbst zur negativen Meldung beigetragen hat oder nicht. Das Unternehmen gerät in Erklärungsnot und sitzt auf der Anklagebank der Öffentlichkeit.
Wenn ein Unternehmen das Muster einer Krise versteht, kann es sich besser vorbereiten und angemessen reagieren. Ein erfolgreiches Krisenkommunikationsprogramm muss sich an die drei Phasen einer Krise anpassen:
Die Präventionsphase ist der grundlegende Baustein für ein erfolgreiches Krisenmanagement. Im ersten Schritt werden möglichst alle Risiken identifiziert, die das Potential haben eine Krise auszulösen. Daraufhin wird ein Plan entwickelt und die Mitglieder des Krisenstabs selektiert. Der Plan stellt dabei keine Schritt für Schritt Anleitung zur Bewältigung dar, sondern er dient als Leitfaden, beinhaltet grundlegende Prozesse, relevante Kontaktinformationen und eine Aufstellung an vorhandenen Werkzeugen. Der Krisenplan sollte mindestens jährlich überprüft werden.
Der Krisenstab sollte sich aus Mitgliedern aller wichtigen Abteilungen des Unternehmens zusammensetzen. Neben der PR-Abteilung sind Vertreter der Rechts- und Finanzbereiche genauso von großer Bedeutung wie für die Geschäftsführung verantwortliche Personen. Denn eine Krise schlägt sich auf alle Bereiche nieder und muss auch auf allen Ebenen bewältigt werden. Den Mitgliedern des Stabs müssen ihre Aufgaben und Kompetenzen im Krisenfall bekannt sein. Regelmäßiges Training sorgt für ein Mindestmaß an Routine und Automatismen.
Eine Schlüsselrolle in den Übungsszenarien kommt auf die Personen zu, die ggf. als Unternehmenssprecher dienen müssen. Eine Funktion, die nicht allein von einer Person gehandhabt werden muss. Je nach betroffenem Bereich ist Expertenwissen gefragt. Ein Experte wirkt authentischer als ein PR-Vertreter. Dabei gilt es, bspw. die Phrase „Kein Kommentar“ zu meiden, Augenkontakt mit den Gesprächspartnern zu halten und mit den eigenen Antworten und Aussagen nicht in Widerspruch mit den Unternehmensmeldungen zu geraten.
Zur weiteren Vorbereitung auf Krisen gehört auch die Erstellung von Material zur Verfassung von Pressemeldungen und Stellungnahmen. Auch hier geht es nicht darum, fertige Meldungen bereit liegen zu haben, sondern Material und Rohlinge zur Erstellung dieser im Ernstfall. Dazu zählen u. a. Statements des Top Managements, bestimmte Formulierungen und Redewendungen als Textsegmente und je nach medialer Präsenz des Unternehmens auch eine vorgefertigte Webseite zur Etablierung eines eigenen Kommunikationskanals als Anlaufstelle für Interessengruppen.
Die Reaktionsphase tritt mit Ausbruch der Krise in Kraft. Entscheidend für den Erfolg dieser Phase sind drei Faktoren: Schnelligkeit, Sorgfalt und Beständigkeit. Damit diese erfüllt werden können, steht dem vorher festgelegten Krisenstab der entsprechende Plan nun als Leitfaden zur Seite. Eine Notwendigkeit, um ein Höchstmaß an Schadensminderung erreichen zu können, da umgehend hoher Druck auf allen Beteiligten liegt.
Der erst genannte Faktor spielt für den aufkommenden Druck eine erhebliche Rolle. Es ist ratsam innerhalb einer Stunde nach Bekanntwerden eine eigene Stellungnahme an die Öffentlichkeit zu geben. Während sich viele Maßnahmen noch in der Umsetzungsphase befinden, muss die Situation analysiert und beantwortet werden. Die Stellungnahme sollte allen relevanten Interessengruppen zugänglich gemacht werden. Ist das betroffene Unternehmen hier nicht schnell genug, entwickelt sich ein sog. Nachrichtenvakuum. Die Medien werden sich dann Expertenmeinungen Dritter bedienen. Zu hohe Passivität sorgt zudem für ein indirekt als Schuldbekenntnis wahrgenommenes Bild in der Öffentlichkeit. Es muss angestrebt werden die aktive Rolle in dem Prozess zu erlangen.
Sorgfalt und Beständigkeit gehen miteinander her. Bei der Bereitstellung der ersten sowie sämtlicher weiterer Informationen gilt es höchste Sorgfalt walten zu lassen. Nur korrekte Daten und Fakten sowie mögliche Auswirkungen auf Interessengruppen dürfen an die Öffentlichkeit weitergegeben werden. Eventuell unterlaufene Fehler oder Falschaussagen müssen umgehend korrigiert werden. Hier kommt auch den Wortführern des Unternehmens eine große Rolle zu. Beständigkeit in den Aussagen im Einklang mit den Unternehmensmeldungen hat oberste Priorität. Widersprüchlichkeiten führen zu Skepsis und Vertrauensverlusten.
Bei allen Äußerungen ist die Wahl der Kanäle – auch intern – von großer Bedeutung. Nicht immer ist es der Sache dienlich alle Parteien über alle Kanäle gleichzeitig zu informieren. Der strategische Einsatz der Medien sowie eigener Kommunikationskanäle spielt eine erhebliche Rolle und sollte nicht unterschätzt werden. Je nach Ausmaß möchte man Unbeteiligte nicht unnötiger Weise ebenfalls auf Missstände aufmerksam machen. Andererseits muss sichergestellt sein, dass die Botschaft gezielt die richtigen Interessengruppen erreicht und nicht verloren geht.
Für das Bild in der Öffentlichkeit ist es dienlich, sich gegenüber möglichen Opfern zu positionieren. Eine ehrlich gemeinte, authentische Entschuldigung oder Beileidsbekundung sowie die Einleitung von Soforthilfen sorgen für Sympathiepunkte. Doch es kommt auf die Dosis an. Keinesfalls sollte zu viel Aktionismus gezeigt werden. Dies wirkt ebenfalls schnell wie ein Schuldbekenntnis oder eine nicht ehrlich gemeinte Maßnahme.
Zur Korrektur der eigenen Reputation ist eine Aufbereitung der Geschehnisse von größter Bedeutung. Je nach Sachlage bietet sich hier ein großes Spektrum an Möglichkeiten. Liegt definitiv keine Schuld vor, so kann eine denkbare Option in der Offensiven gesucht werden. Das Attackieren des tatsächlichen Verursachers oder vermeintlichen Verleumders sowie provokante Aussagen sind gewagt, aber eine mögliche Verteidigung. Andernfalls muss Aufklärung betrieben werden, aktiv aufgezeigt werden, wie Versäumnisse korrigiert werden und Opfer nachhaltig entschädigt werden.
Die Nachbereitung einer Krise bildet den Abschluss der Reaktionsphase und arbeitet zukünftigen Präventionsmaßnahmen zu. Denn aus einer Krise muss ein Unternehmen lernen. In dieser Phase kehrt das Unternehmen sukzessive in das Alltagsgeschäft zurück. Dennoch ist die Krise weiterhin zu bearbeiten, zu reflektieren und Lehren daraus in zukünftige Handlungsanweisungen zu übertragen.
Bei der nachhaltigen Bearbeitung muss den Interessengruppen versprochene Informationen, Analysen und Daten so schnell wie möglich zur Verfügung gestellt werden. Schlampigkeiten können sich hier nicht geleistet werden, andernfalls kann dies zu einem erneuten Ausbruch führen. Die Interessengruppen müssen in angemessenem Ausmaß und für einen relevanten Zeitraum über die nächsten Schritte regelmäßig informiert werden. So kann das Unternehmen zeigen welche Gegenmaßnahmen ergriffen werden, wie zukünftigen Risiken vorgebeugt wird und welche Auswirkungen dies haben wird. Die regelmäßige Auskunft sorgt für steigendes Vertrauen und die Rückgewinnung von Reputation.
Folglich hat Krisenkommunikation für jedes Unternehmen, unabhängig seiner Größe, eine für den zukünftigen Erfolgsweg hohe Wichtigkeit. Kein Unternehmen ist zu klein, sich nicht mit dem Thema im Vorfeld – bevor eine Krise droht – auseinanderzusetzen. Vielmehr ist es unternehmerische Sorgfaltspflicht, die eigene Organisation auf den Krisenfall bestmöglich vorzubereiten. Schließlich können Krisen zu nachhaltigen Schäden führen und bei falscher Handhabung die Geschäftstätigkeit massiv gefährden.